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Mutterschutz gehört zum Arbeitsschutz

Mutter zu werden ist eine sensible Phase im Leben einer Frau. Dann ist es besonders wichtig, dass sie am Arbeitsplatz „gute Arbeit“ vorfindet: sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen, materielle Sicherheit und die Aussicht, auch als Mutter willkommen zu sein. Im Rahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes müssen dafür die Voraussetzungen geschaffen werden.

Mutterschutz gehört zum Arbeitsschutz

Das "Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium“ (Mutterschutzgesetz; MuSchG) schützt die Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit. Anstelle eines "behütenden" Mutterschutzes folgt es seit der Novellierung des Mutterschutzgesetzes im Jahr 2017 einem zeitgemäßen Leitbild. Es zielt gleichermaßen auf den Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind, die berufliche Teilhabe und die Selbstbestimmungskompetenz der Frau, um ein einheitliches, berufsgruppen-unabhängiges Niveau des Gesundheitsschutzes in der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit zu gewährleisten. Das neue Mutterschutzgesetz soll auch der Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt in der besonders schutzwürdigen Lebensphase der Familiengründung entgegen wirken.

Im Unterschied zum Arbeitsschutz ist  der Mutterschutz nicht beim Arbeits- und Sozialministerium, sondern beim Familienministerium angesiedelt.

Umstrittener Begriff: die "unverantwortbare Gefährdung" als Kriterium für das Verbot unzulässiger Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen

Mit dem im Arbeitsschutz ungebräuchlichen Begriff der „unverantwortbaren Gefährdung“ (§§ 9, 11 und 12 MuSchG) wurde ein neuer unbestimmter Rechtsbegriff geschaffen. Mittels Risikoabschätzung soll der dreifachen Zielsetzung des Mutterschutzgesetzes Rechnung soll der dreifachen Zielsetzung des Mutterschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1 MuSchG) Rechnung getragen werden: weitest gehender Schutz von Mutter und Kind, Fortsetzung der Erwerbstätigkeit der Frau sowie Diskriminierungsfreiheit.

Für die in der betrieblichen Praxis Verantwortlichen ist der neue Begriff schwer handhabbar und wird die Integration des Mutterschutzes in den betrieblichen Arbeitsschutz tendenziell zumindest so lange erschweren, bis die Bundesregierung die in § 31 begründete  Rechtsverordnung zur Begriffsbestimmung erlassen hat.

Die erforderliche Konkretisierung der unverantwortbaren Gefährdung stellt eine der Kernaufgaben des Ausschusses für Mutterschutz (AfMu) dar, der zur fachlichen Beratung wurde der Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) durch das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) berufen wurde. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, Mutterschutzregeln  zu erarbeiten, die – vergleichbar mit den technischen Regeln für Arbeitsschutz – den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse als Orientierungsgrundlage für die Schutzmaßnahmen beinhalten und der „Übersetzung“ des Mutterschutzgesetzes in die betriebliche Praxis dienen sollen. Der Mutterschutzausschuss arbeitet eng mit den arbeitsschutzrechtlichen Ausschüssen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zusammen: https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen_node.html


Im Unterschied zu den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eingesetzten Arbeitsschutzausschüssen wurde die Geschäftsstelle des Mutterschutzausschusses beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAfzA) eingerichtet: https://www.bafza.de/programme-und-foerderungen/unterstuetzung-von-gremien/ausschuss-fuer-mutterschutz-geschaeftsstelle

Der erste Evaluationsbericht des novellierten Mutterschutzgesetzes soll gemäß § 34 MuSchG im Jahr 2021 vorgelegt werden.

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Mutterschutz ist Teil des Arbeitsschutzes

Sicher und gesundheitsgerecht gestaltete Arbeitsbedingungen ermöglichen es schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerinnen, die berufliche Tätigkeit möglichst wenig zu unterbrechen. Das sichert Arbeitsplätze und Erwerbschancen von Frauen.

Mutterschutz gehört deshalb als systematischer Bestandteil zum Arbeitsschutz und zu den betrieblichen Organisationspflichten des Arbeitgebers – gleich, ob die Arbeits- und Ausbildungsplätze im Betrieb aktuell mit Männern oder mit Frauen besetzt sind. Seit der Verabschiedung des neuen Mutterschutzgesetzes gibt es hier kein Missverständnis mehr. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die physische und psychische Gesundheit von Mutter und Kind zu sorgen und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass sie mit Schwangerschaft und Stillzeit vereinbar sind.

Die Mutterschutzmaßnahmen müssen sich am Stand der Technik, an Arbeitsmedizin und Hygiene sowie an sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit, der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin und auch das Gewerbeaufsichtsamt beraten bei der Beurteilung einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung und bei der Gestaltung schwangeren- und stillgerechter Arbeitsbedingungen.

Die Aufsicht über den betrieblichen Mutterschutz liegt allein bei der staatlichen Gewerbeaufsicht, anders als im Arbeitsschutz, in dem auch die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung für die Aufsicht zuständig sind.

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Das muss der Arbeitgeber auf alle Fälle tun, um den Arbeitsschutz auch für schwangere oder stillende Mitarbeiterinnen passgenau zu gestalten:

  • Entscheidungsgrundlage ist laut § 10 MuSchG die Gefährdungsbeurteilung. Schon ohne konkreten Anlass – also bevor überhaupt eine Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft oder ihren Stillwunsch bekannt gegeben hat – muss der Arbeitgeber die Vorgaben zum Mutterschutz bei der „normalen“ Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) einbeziehen. Dies gilt für jede Tätigkeit. Für die anlasslose Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG ist es unerheblich, ob die Tätigkeit aktuell von einem Mann oder einer Frau ausgeübt wird, denn es könnte grundsätzlich eine Frau am betreffenden Arbeitsplatz eingesetzt werden. Dieses Vorgehen entspricht auch dem Grundsatz des Arbeitsschutzes (§ 4 (6) ArbSchG), nach dem die Belange besonders schutzbedürftiger Beschäftigtengruppen im Arbeitsschutz zu berücksichtigen sind – dazu zählen auch Frauen, die schwanger sind, jüngst entbunden haben oder stillen.

Gefährdungsbeurteilung gemäß § 10 MuSchG

  • Je nach Tätigkeit sind neben den Mutterschutzvorschriften auch die Gefahrstoffverordnung, die Biostoffverordnung oder andere Arbeitsschutzvorschriften relevant.
  • Über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber alle Beschäftigten informieren, damit die erforderlichen Gestaltungs- und Schutzmaßnahmen unverzüglich nach Bekanntwerden einer Schwangerschaft greifen können.

Rangfolge der Schutzmaßnahmen § 13 MuSchG

  • Wenn eine Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft oder ihren Stillwunsch mitteilt, ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass die Mutterschutzvorschriften eingehalten werden. Er muss die Schwangerschaft bei der Gewerbeaufsicht anzeigen und die mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung für den konkreten Arbeitsplatz und die betroffene Frau aktualisieren. Der betroffenen Mitarbeiterin muss er ein Gespräch darüber anbieten, wie die Arbeit gesund und sicher für sie und ihr Kind gestaltet werden kann. So kann er für sich selbst und für seine Mitarbeiterin Rechtssicherheit herstellen.

Schwangerschaftsmitteilung an den Arbeitgeber

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Schutzmaßnahmen: Flexibel innovative Wege beschreiten

Was bei den Schutzmaßnahmen zu beachten ist, um die psychische und physische Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen, steht in § 9 und § 13 MuSchG. Wenn die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass bei Fortsetzung der aktuellen Tätigkeit die Gesundheit von Mutter und/oder Kind gefährdet ist, bedeutet das nicht, dass die Frau nicht mehr arbeiten darf. Das Gesetz erlegt dem Arbeitgeber die Pflicht auf, die Arbeit so zu gestalten, dass die Frau ohne Gefährdung für sich und ihr Kind weiterarbeiten kann. Er muss prüfen, wie er die Frau gefährdungsfrei einsetzen kann und die erforderlichen Schutzmaßnahmen – dabei sind technische und organisatorische Maßnahmen vor- und personenbezogene Maßnahmen nachrangig – ergreifen. Entscheidungsleitende Fragen dafür sind:

  • Wie kann der Arbeitsplatz durch technische oder organisatorische Maßnahmen angepasst werden?
  • Wenn technische und organisatorische Maßnahmen nicht ausreichen: Kann die Mitarbeiterin  vorübergehend, auch teilweise, mit anderen Tätigkeiten beschäftigt werden?

Personenbezogene Schutzmaßnahmen wie ein vom Arbeitgeber ausgesprochenes Beschäftigungsverbot kommen erst in Betracht, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und die Gesundheit von Mutter und Kind weder durch technische noch durch organisatorische Maßnahmen ausreichend geschützt werden kann.

Wenn trotz Ausschöpfung aller technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen die unverantwortbare Gefährdung nicht vermieden werden kann, muss der Arbeitgeber ein betriebliches Beschäftigungsverbot aussprechen und die betroffene Frau bei Weiterzahlung aller Bezüge so lange ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen, wie es erforderlich ist, um ihre Gesundheit und die des Kindes zu schützen.

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KontaktAKB003_Icon-Kontakt

Dr. Kai Huter
Referentin für Arbeitsschutz- und Gesundheitspolitik

Am Wall 195
28195 Bremen

Tel.: 0421/36301-991
Fax: 0421/36301-995

E-Mail schreiben

Downloads AKB003_Icon-Download

  • Mutterschutz in der Pandemie

    von Silke Raab und Barbara Reuhl, erschienen in Gute Arbeit 6/2021

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  • Das Mutterschutzgesetz: Größtmöglicher Schutz für Mutter und Kind, weitest gehende Teilhabe

    Vortrag von Barbara Reuhl, Juli 2018

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  • Licht und Schatten: Was ändert sich mit dem neuen Mutterschutzgesetz?

    Autorinnen: Marianne Weg und Barbara Reuhl, aktualisierte und erweiterte Fassung eines Beitrages für die Zeitschrift Gute Arbeit, Gesundheitsschutz und Arbeitsgestaltung, Heft 6/2017

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